Franz Caramelle
Das Innsbrucker Riesenrundgemälde. Der Tiroler Freiheitskampf auf 1000m2 Leinwand

Von den zahllosen Denkmälern, die an Tirols Heldenzeit- die Freiheitskämpfe von 1809- erinnern, besitzt eines durch seinen singulären Charakter besondere kulturhistorische Bedeutung: das sogenannte Riesenrundgemälde, auch "Panorama" genannt, am Rennweg neben der Talstation der Hungerburgbahn. Das gewaltige, über 1000 m2 große Leinwandbild, das die denkwürdige dritte Bergiselschlacht vom 13. August 1809 zeigt, wurde schon bei seiner Enthüllung im Jahre 1896 von der Öffentlichkeit enthusiastisch gefeiert und ist heute eine der meist bewunderten Sehenswürdigkeiten der Tiroler Landeshauptstadt.

Entwicklungs- und Entstehungsgeschichte des Panoramas
Anläßlich der großen Tiroler Landesausstellung im Jahre 1893 ging von dem Schriftsteller Josef Calasanz Platter, der sich als Sekretär des Tiroler Fremdenverkehrsverbandes große Verdienste erworben hatte, und dem nicht minder verdienstvollen Sekretär der Tiroler Handelskammer, Dr. Anton Kofler die Anregung aus, in Innsbruck ein Kolossalgemälde errichten zu lassen, das eine Schlacht aus den Tiroler Freiheitskriegen aus dem Jahre 1809 zum Inhalt haben sollte. Der Plan fand allgemein Beifall, die Finanzierung des kostspieligen Unternehmens konnte bald gesichert, die Platzfrage geklärt werden. 1896 war in Innsbruck eine große internationale Sportausstellung geplant, und bis zu diesem Zeitpunkt sollte der Gedanke verwirklicht sein. Platter wandte sich an den bekannten Alpen- und Panoramamaler Michael Zeno Diemer in München, der sich nach monatelangem Zögern schließlich bereit erklärte, den attraktiven Auftrag zu übernehmen. Diemer (1867-1939) hatte sich mit zahlreichen Aquarellen von den Alpen einen Namen gemacht und 1893 durch ein riesiges Gletscherdiorama für die Weltausstellung in Chicago internationale Berühmtheit erlangt. In den darauffolgenden Jahren wandte er sich hauptsächlich der Panoramamalerei zu. München war damals für diese Art von Monumentalmalerei geradezu prädestiniert: die Stadt war ein Zentrum der Historienmalerei (die sogenannte Münchner-Schule wurde bald zu einem festen Begriff) und des Naturalismus große Schlachtenpanoramen wurden daher zur ausgesprochenen Modeerscheinung. Packende historische Ereignisse konnten in gewaltigen Dimensionen auf Breit- oder Rundgemälden dargestellt werden, in einer meist romantisch gefärbten, detailreichen Landschaft, mit zahlreichen, wildbewegten Schlachtenszenen und derart wirklichkeitsnahen Details, daß Realität und Illusion zu verschmelzen schienen. 1894 hat Diemer mit den Vorbereitungen für das Bergisel-Rundgemälde begonnen, zunächst mit dem Studium des historischen Hintergrundes, wobei die neuesten geschichtlichen Forschungen von Oberst Freiherrn von Maretich und von Militärintendant Schmid als Grundlage dienten. Natürlich besuchte Diemer auch des öfteren Innsbruck, um die örtlichen Gegebenheiten, die charakteristischen Geländeformen und Gebirgskulissen kennenzulernen. In diesem Zusammenhang ist ein Brief von Albin Egger-Lienz von besonderem Interesses der Diemer auf die Schwierigkeiten der Einbeziehung der Landschaft in die Schlachtenszenerie aufmerksam machte. Er schreibt am 29. April 1894: "Wie steht's mit der Panorama-Angelegenheit? Ich war vor etlichen Wochen . . . in Innsbruck und wanderte auf den Bergisel, welcher ja eigentlich kein Berg ist, und hielt Rundschau. Ich halte die Aufgabe, die da für Dich gestellt ist, für nicht sehr dankbar, da die Szenerie eigentlich der Kampfplatz hauptsächlich war. Allerdings müßten die Stadt und die nördlichen Kalkalpen sehr gut stehen. Und ich glaube, daß die Innsbrucker sehr auf historische Richtigkeit der Handlung und der Gegend sehen, aber ich zweifle nicht, unter Deiner Hand wird entschieden etwas Tüchtiges hervorgehen." Die Bedenken von Egger-Lienz, mit dem ihn seit der gemeinsamen Akademiezeit eine enge Freundschaft verband, scheinen Diemer tatsächlich zu noch gewissenhafterer Vorbereitung getrieben zu haben. 1895 durchzog er mit dem Fahrrad Tirol, fertigte eine Unmenge von Landschaftsskizzen an, übte sich in Trachtenkunde, las Aufzeichnungen über die Tiroler Freiheitskriege, erfragte historische Überlieferungen und Legenden aus den im Volk tief verwurzelten Bergiselschlachten, studierte die Wesensmerkmale und Physiognomien der Menschentypen aus den verschiedenen Landesteilen Tirols und sammelte Militaria aus Napoleonischer Zeit. Um die Bewältigung der technischen Schwierigkeiten bei der Ausführung des Riesenbildes machte sich Zeno Diemer keine Sorgen, da er im März 1895 gerade sein erstes großes, mit überschwenglichem Lob bedachtes Panorama - die Schlacht von Orleans - in München fertiggestellt und dabei genug Erfahrungen gesammelt hatte, um an ein ähnliches, wenn auch bedeutend größeres Vorhaben heranzutreten. Außerdem hatte er im Frühjahr desselben Jahres auch noch den Auftrag zur Mitarbeit an einem Rundgemälde über die Erstürmung von Bazeilles während der Schlacht von Sedan (in einem Panorama auf der Münchner Theresienhöhe) angenommen. So wurde denn auch die Zeitknappheit das größte Problem für den vielbeschäftigten Künstler. Da aber Diemer, der für die Bergwelt Tirols eine besondere Vorliebe hatte und das Bergisel-Rundbild nun nach den intensiven Vorbereitungen unbedingt malen wollte, um diese Problematik wußte, ging er mit einem exakt ausgearbeiteten Terminplan ans Werk. Im Sommer 1895 mietete er in Igls ein Haus, um dort die Vorarbeiten ungestört und möglichst nahe am "Geschehen" durchzuführen. Dann wurde in einem Atelier in München-Schwabing ein Modell des Panoramas gebaut (im Maßstab 1: 10) mit den wichtigsten Kompositionen, wie Hauptszenen und Schlachtengruppen, den Hintergrün-den und Landschaftsausblicken. Sämtliche Entwürfe des Künstlers wurden I übrigens nicht nur von den Innsbrucker Auftraggebern, sondern auch vom berühmten Maler Franz von Defregger begutachtet und äußerst positiv beurteilt. Diemer schreibt darüber in seinen Erinnerungen: "Franz von Defregger, der von den Innsbrucker Auftraggebern bestimmt war, die Arbeit zu überwachen, kam öfters in mein Atelier und unterstützte meine Arbeit in willkommenster Weise; er gab mir wertvolle Ratschläge und lieh mir alte Tiroler Kostüme." Außerdem bemühte sich Diemer, qualifizierte Mitarbeiter zu engagieren, die auf seine Ideen eingehen und seinen Malstil beherrschen mußten. Es war ein glücklicher Zufall, daß der geniale Zeno Diemer mit den Münchner Malern W. Flauscher, A. Niedermair und A. Pätzold und dem Innsbrucker, aus Matrei i. O. stammenden Franz Burger kongeniale Mitarbeiter gewinnen und ein außerordentlich tüchtiges Künstlerteam zusammenstellen konnte Vor allem die Beiziehung von Burger war wichtig, weil er auch am Schlachtenbild von Orleans mitgearbeitet hatte und mit der heiklen Technik der Leimfarbenmalerei bestens vertraut war. In der Zwischenzeit war man auch in Innsbruck nicht untätig. Nachdem von Diemer die exakten Maße der Riesenleinwand bekanntgegeben worden waren, erteilte man dem Münchner Baumeister David Niederhofer den Auftrag, ein Panorama aus Holz zu errichten, und zwar auf dem von der Stadt zur Verfügung gestellten Platz im Saggen "nahe den Viaduktbögen", südlich der Bundesbahndirektion, im Zwickel Claudiastraße/Ing.-Etzel-Straße. Innerhalb von zwei Monaten, im Dezember 1895, war das Gebäude fertig. Anfang Jänner 1896 wurde die Riesenleinwand - in Bahnen gewebt, mehrfach zusammengenäht, am unteren Rand der Spannung wegen mit ca. 100 Steinen behängt - aufgezogen. Endlich konnten die Maler mit ihrer Arbeit beginnen; bis zum Fertigstellungstermin, auf dessen rechtzeitige Einhaltung eine erhebliche Konventionalstrafe festgesetzt worden war, waren knapp fünf Monate Zeit. Noch mitten im Winter mehrere Ofen waren dauernd in Betrieb - wurde die Leinwand grundiert und großflächig vorgemalt. Die weiteren, für alle Beteiligten überaus anstrengenden Arbeiten hat Zeno Diemer selbst treffend beschrieben: "Tagsüber malte ich fleißig an der Erstürmung von Bazeilles in dem Panoramagebäude auf der Theresienhöhe, und abends bis Mitternacht saß ich an den Detailzeichnungen der Bergiselschlacht, die ich jeden Sonntag nach Innsbruck brachte, wo meine dortigen Mitarbeiter... sie durch das Gitter auf die große Leinwand übertrugen. So pendelte ich im Winter 1895/96 ständig zwischen Sedan und Bergisel hin und her. Zu Ostern war ich mit dem übernommenen Arbeitsteil am Barzeilles-Panorama fertig und konnte ganz in Innsbruck arbeiten. Es war auch höchste Zeit, wenn ich mit dem Bilde bis zum großen Tiroler Landesschützenfest fertig werden sollte. Die Berglandschaft malte ich ganz allein, ebenso die Hauptgruppe mit Andreas Hofer und seiner Umgebung. Franz Burger erwarb sich mit der sauberen Durchführung der Stadt Innsbruck und den Wiltener Kirchen ein besonderes Verdienst." Die letzten Wochen vor dem Pfingstfest, das als Termin vertraglich vereinbart war, waren von großer Hektik gekennzeichnet. Zusätzliche Hilfskräfte wurden angeheuert, Nachtschichten mußten eingelegt, die nervösen Arbeitgeber beruhigt werden. Was diese nicht mehr für möglich hielten, wurde am Abend des 12. Juni 1896 Wirklichkeit: nach einer reinen Malzeit von nur drei Monaten (!) - angeblich wurden 4726 Kilo Farbe und 5000 Kilo Leinen verbraucht - war das Rundgemälde fertig und konnte am Pfingstsonntag, den 13. Juni 1896 -an diesem Tag fand in Innsbruck ein großes Schützenfest zum 100-Jahr-Jubiläum der Weihe Tirols an das Herz Jesu statt - feierlich eröffnet werden. Von der Eröffnungsfeier hat uns Diemer selbst eine köstliche Episode überliefert: "Ein alter Bauer in Ultentaler Tracht sprang über das Geländer auf den plastischen Vordergrund und wollte mit seinem Hut das verglimmende Wachtfeuer löschen, das er für echt hielt. Es war nur aus rotem Stanniolpapier. Der eifrige Feuerlöscher aber brach ein zwischen den Brettern und wäre beinahe ins ,erdinnere' gestürzt." Der Besuch der Innsbrucker, die sich an der plastischen Wirkung und dem realistischen Gesamteindruck des Bildes begeisterten, war in den ersten Wochen äußerst rege, in Zeitungen und Reiseführern wurde das Panorama als außerordentliche Attraktion gewürdigt. Bald jedoch begann für das Rundgemälde eine beispiellose Odyssee, die es wie durch ein Wunder heil überstanden hat. Schon im ersten Winter (1896/ 97) drückten die Schneemassen mehrere Fenster des Gebäudes ein und beschädigten das Bild schwer (Franz Burger hat die Schäden wieder ausgebessert), das Publikumsinteresse flaute plötzlich ab, die Besitzer wechselten in rascher Folge, das Panorama verwahrloste zusehends. Schließlich beschloß man, das Gemälde bei der Weltausstellung in London zu zeigen; Anfang Februar 1906 wurde die Leinwand abgenommen, in Kisten verpackt und auf den Bahnhof gebracht- welch glücklicher Zufall, denn eben zu dieser Zeit, in der Nacht vom 5. auf den 6. Februar 1906, brannte das nunmehr leere Panoramagebäude vollständig ab. Als das Gemälde aus London wieder zurückkam - dort war es mit einer Goldmedaille ausgezeichnet worden-, ließen die neuen Eigentümer, Dr. Max Gleich und Anton von Guggenberg, vom Innsbrucker Baumeister Josef Retter den heute bestehenden Bau an der Kettenbrücke errichten. Der Besuch blieb weiterhin schwach, 1917 wurde daher das Rundgemälde nach Wien verliehen, im Prater hatte man dafür ein eigenes Gebäude errichten lassen. Da die von den Veranstaltern erhofften Einnahmen abermals nicht erzielt werden konnten - der Erste Weltkrieg hat das anfängliche große Interesse der Wiener bald sinken lassen -, war nun daran gedacht, die Riesenleinwand umzumalen und eine aktuelle Schlacht des Weltkrieges darzustellen. Dieses Vorhaben wurde freilich ebenso wenig realisiert wie der Plan, das Bild nach Amerika zu verkaufen (angeblich für 40.000 Dollar, nach dem damaligen vorinflationären Kurs 8,800.000 Kronen), obwohl der Verlust des Bildes nicht mehr abwendbar schien, sodaß Rudolf Granichstaedten-Czerva 1920 anklagend schrieb: "So dürfte also doch dieses Wahrzeichen Innsbrucks dem Ausverkauf Österreichs zum Opfer fallen. Jetzt, wo wir das halbvergessene Werk verlieren, werden wir inne, welchen Wert das prachtvolle, unbeschreiblich lebendige Bild für uns hatte und wie schmerzlich wir es vermissen werden." Da alle diese Pläne zum Glück schließlich doch scheiterten, wurde die Leinwand wieder verpackt und für etliche Jahre in der Wiener Hofburg deponiert. Anfang Mai 1924 gelang es endlich dem Innsbrucker Josef Hackl, dem weitum bekannten Wirt zum "Goldenen Adler" in der Altstadt, das Rundgemälde zu ersteigern und wieder nach Innsbruck zurückzuholen. Der Kaufpreis betrug 261 Millionen Kronen - es war kurz vor dem Höhepunkt der Inflation. Hackl erwarb auch das bereits dem Verfall preisgegebene Panoramagebäude und ließ es mit erheblichen Kosten instandsetzen. "Diesem kunstsinnigen, patriotischen Mann, der keine Mühe und Opfer gescheut hat, das bodenständige Werk der Heimat wiederzuerwerben, ist es also zu verdanken, daß das Rundgemälde dem Lande Tirol und der Landeshauptstadt erhalten blieb." (Josef Hirn). Am 17. August 1924 wurde das Panorama wiedereröffnet. Heute werden jährlich über 200.000 Besucher gezählt.

Historischer Rückblick
Die Tiroler gehörten seit dem Mittelalter (1363) zu Österreich und waren seit jeher gewohnt, in Freiheit zu leben. Als Österreich im Frieden von Preßburg 1805 Tirol an Bayern abtreten mußte, wurde den Tirolern diese Freiheit genommen. Es kam sofort zu Spannungen und provokanten Vorfällen, allmählich zu bewaffneten Auseinandersetzungen und schließlich zum Aufstand des ganzen Volkes. Die Bergiselschlachten im Kampf gegen die Truppen Kaiser Napoleons wurden so gewissermaßen zum Sinnbild des Kampfes um die Freiheit, die Schlacht vom 13. August 1809 - die dritte Bergiselschlacht - ist als ruhmreichste in die Tiroler Geschichte eingegangen. Ausgangspunkt für diese Schlacht war die Niederlage der Österreicher in Wagram (5. Juli 1809) und der Waffenstillstand von Znaim (12. Juli 1809), demzufolge die kaiserlichen Truppen unter General Buol Tirol verlassen mußten. Napoleon ließ nun das Land, um es nach zwei mißglückten Versuchen neuerlich zu erobern, zugleich von Norden, Osten und Süden angreifen. Das aus Salzburg ins Inntal vorrückende 7. Armeekorps unter Marschall Lefebvre, dem Herzog von Danzig, (I. und III. bayerische Division und thüringische Division unter General Rouyer) sollte in Brixen und Bozen die Vereinigung mit den durchs Pustertal beziehungsweise Etschtal anrückenden französischen Truppen unter Ruska und Peyri bewirken, während das durch Scharnitz und über Reutte vorgehende französische Armeekorps unter General Beaumont durchs Oberinntal über den Arlberg zur Niederwerfung der Vorarlberger abrücken sollte. Dieser geniale Schlachtplan verlief zunächst sehr erfolgreich, zumal Lefebvre die Landeshauptstadt ohne nennenswerte Verluste einnehmen konnte. Als jedoch die Division Rouyer nach Süden vordrang, wurde sie in zahlreiche Scharmützel verwickelt und schließlich bei Sterzing von Hofer, Haspinger und Speckbacher besiegt. Gleichzeitig wurde Bourscheidt bei der Pontlatzerbrücke von den Oberinntalern und Obervinschgauern besiegt, während Ruska im Pustertal zurückgeschlagen wurde. Unter diesen Umständen zog Lefebvre seine erschöpften Truppen am 11. August 1809 wieder in Innsbruck zusammen und faßte den Beschluß, Tirol vorderhand zu räumen, um das hartnäckige Land ein ander Mal, mit mehr Soldaten und besserer Strategie, endgültig zu besiegen. Er wollte nur noch einige Tage in Innsbruck bleiben, um seinen erschöpften Truppen etwas Ruhe zu gönnen und die inzwischen leeren Proviantlager wieder aufzufüllen. Lefebvre hatte freilich nicht mit der Kampfkraft der Tiroler gerechnet, die auf diesen günstigen Augenblick offenbar gewartet hatten. Während die französischen und bayerischen Truppen in und um Innsbruck lagerten, um sich von den Strapazen der letzten Tage zu erholen, rückten die Tiroler aus allen Landesteilen an, versammelten sich an strategisch wichtigen Punkten an der Peripherie von Innsbruck und bereiteten sich auf die Großoffensive vor. Andreas Hofer - der Anführer der Tiroler - hatte von seinem Hauptquartier aus, dem Gasthof "Schupfen", den Sonntag, den 13. August 1809, als Angriffstag festgelegt. Sein Kommando lautete: 1. Am rechten Flügel sollte Speckbacher mit den Leuten vom Mittelgebirge (unter Angerer und Rangger) und 14 Kompanien Meraner (unter Tschöll) den Paschberg mit der Sillbrücke und anschließend Amras einnehmen. 2. Das Zentrum unter Hofer selbst, bestehend aus Passeirern (unter Laner) Pustertalern (unter Mayr), Brixnern und Schabsern (unter Kemenater) hatte den Bergisel zu besetzen. 3. Haspinger - am linken Flügel -sollte mit den Klausnern und Villanderern (unter Mayrhofer) und den Untervinschgauern (unter Graf Mohr) über Mutters und Natters zum Sarntheinhof marschieren und sich in Mentlberg mit den von Bucher befehligten Axamern, Götznern, Sellrainern, Innsbruckern und Höttingern und jenen aus Mutters und Natters vereinigen. 4. Firler hatte die Aufgabe, mit seinen Leuten (Ötztalern, Imstern, Miemingern, Landeckern und Nauderern) über Kranebitten und Hötting vorzustoßen und die Innbrücken bei Mariahilf und Mühlau zu erreichen. Das Konzept Andreas Hofers war klar: Der Feind lagerte im Inntal, war von allen Seiten eingekesselt und sollte durch einen Mehrfrontenangriff zermürbt und besiegt werden. Auch die Truppenstärke war bekannt: 15.000 Tirolern - vornehmlich Bauern, im Verhältnis zum Gegner schlecht ausgerüstet und größtenteils ohne Kampferfahrung- standen 16.000 bestens ausgerüstete, kampferprobte Soldaten, vornehmlich Bayern und Sachsen, gegenüber, die allerdings von den Vorkämpfen gezeichnet und hinsichtlich Ortskenntnis und Motivation den Tirolern von vornherein unterlegen waren. Schon früh am Morgen jenes 13. August begannen sich die Tiroler zu formieren. Bereits um 2 Uhr las Pater Haspinger in Mutters seine Messe und erteilte die Generalabsolution. Andreas Hofer ging in Schönberg in die Kirche, eilte dann, "nachdem er sich noch mit einem kräftigen Schluck gestärkt hatte", nach Unterberg zu den bereits dort versammelten Bauern und soll schließlich mit den legendären Worten "Seids beinand, Tiroler? Nacher gehn mers an. Die Möß habts gheart, enkern Schnaps habts trunken, also auf in Gotts Nam!" das Zeichen zum Aufbruch in die Schlacht gegeben haben. Zur selben Zeit - etwa um 7 Uhr -war die bayerische Generalität eben in der Stiftskirche Wilten zum sonntäglichen Gottesdienst versammelt, als plötzlich die Meldung über den Anmarsch der Tiroler eintraf und auch schon die ersten Schüsse zu hören waren. Sofort ließ General Deroy das Lager alarmieren und ordnete eine Aufstellung an, die das Gelände am Fuß des Bergisel an vier strategisch wichtigen Punkten absichern sollte: in Mentlberg (Generalmajor von Vicenti), bei Wilten (Generalmajor von Sibein), nahe den Sillhöfen (Major von Büllingen) und beim Dorf Amras (Oberstleutnant von Waldschmidt). Die kampfstarke 1. Division stand in Bereitschaft. Marschall Lefebvre und sein Generalstab hielten sich nahe der Wiltener Stiftskirche auf. Um 8 Uhr begannen die Tiroler mit dem Kampf, zunächst südlich des Inns, ab 10 Uhr auch in Kranebitten, Hötting und Mühlau. Der gesamte Talkessel war von Schlachtenlärm und Pulverdampf erfüllt. Die schnellen Anfangserfolge der Tiroler wurden mit Fortdauer des Kampfes vor allem durch die bayerische Artillerie wettgemacht; kaum war es den Bauern gelungen, eine Bresche in die feindlichen Linien zu schlagen, wurden sie wieder zurückgeworfen. Endlich, um die Mittagszeit, schienen die Tiroler doch einen entscheidenden Vorteil erkämpft zu haben Aber Lefebvre gab sich noch nicht geschlagen; für 2 Uhr nachmittag hatte er eine Großoffensive angeordnet, in fünf gleichzeitig vorgetragenen Angriffen sollte der Bergisel zurückerobert werden. Der Kampf wurde fast drei Stunden mit größter Hartnäckigkeit geführt, bayerische Abteilungen waren bereits auf die Höhen des Bergisels gedrungen, als um 5 Uhr Andreas Hofer in größter Bedrängnis die mittlerweile herangezogenen Stubaier unter Pfurtscheller, die Grieser, Steinacher und Matreier ins Gefecht schickte. Der Vorstoß gelang: die Bayern mußten zurückweichen, Speckbacher stürmte über die Sillbrücke vor und erstickte mit wilden Attacken alle weiteren Angriffsversuche Lefebvres. Etwa um 6 Uhr abends war das Gefecht beendet. Die siegreichen Tiroler, denen Andreas Hofer verboten hatte, den Talboden zu besetzen, zogen sich nach dem Ave-Läuten nach und nach in die benachbarten Ortschaften zurück. Die Schlacht hat auf Seite der Bayern über 1000 Tote gefordert, von den Tiroler Verlusten gibt es keine verläßlichen Angaben - es dürften mindestens ebensoviele gefallen sein. In der Nacht vom 14. auf 15. August rückten die Truppen Lefebvres aus Tirol ab, am Morgen des Hohen Frauentages 1809 (15. August) zog Hofer als vielbejubelter Befreier des Landes in Innsbruck ein.

Charakterisierung des Innsbrucker Panoramas
Das Innsbrucker Panorama ist ein schlichter, zwölfeckiger Bau (Durchmesser 30 m, Höhe 20 m) mit Streben an den Kanten, leicht vorspringendem, flachem Zeltdach, das durch einen Lichtgaden mit dreiteiligen Sprossenfenstern an jeder Seite unterbrochen und von einem offenen Türmchen mit Haube abgeschlossen wird. Die aus der Erbauungszeit stammende Ornamentmalerei wurde anläßlich der letzten Restaurierung 1976 erneuert. Durch eine krüppelwalmgedeckte, ebenerdige Vorhalle und über eine steile, geradläufige Treppe gelangt der Besucher in das Innere des Panoramas, das sich nun als gewaltige Rotunde entpuppt. Von einem hölzernen Umgang in der Mitte aus bietet sich das von der Brüstung etwa 7 m entfernte Rundbild dem Beschauer dar, der Zwischenraum (Vordergrund) ist als Geländeimitation mit Erde, Steinen, Reisig, Zweigen, Moos usw. ausgefüllt und leitet fast nahtlos zur gemalten Leinwand über. Das riesige Gemälde wird durch Sonnenlicht indirekt beleuchtet, der Blick zu den Obergadenfenstern und zur Holzkonstruktion des offenen Dachstuhls wird durch eine weite, zeltförmige Plane verhindert. Das Bild zeigt jenen entscheidenden Moment der 3. Bergiselschlacht, in dem am Nachmittag gegen 5 Uhr der letzte von Marschall Lefebvre geleitete Ansturm siegreich abgeschlagen wird. Beim Betreten des Podiums scheint der Besucher unmittelbar in die Schlacht verwickelt zu werden, denn sein Standpunkt befindet sich inmitten des Kampfgetümmels, und zwar in der Höhe des ehemaligen Buchhofes (etwa am Auslauf der heutigen Bergisel-Sprungschanze). Zugleich ist er von der imposanten Landschaft fasziniert, die im Abendrot erglüht. Der Blick wandert von der Martinswand, dem Hechenberg, Solstein, Frau Hitt bis hinab zum Kaisergebirge und Kellerjoch. In der weiten Talebene liegt das Stift Wilten, im Hintergrund die Stadt Innsbruck. Die ganze Gegend ist erfüllt von Rauchschwaden, Pulverdampf und einer Dunstschicht, auf den umliegenden Höhen brennen die Einzelhöfe. Die Naturtreue der Szenerie ist so überwältigend, der Kampf in vielen Details so realistisch dargestellt, daß eine bloße Beschreibung des Gemäldes immer unvollständig sein wird. Da stürmen Soldaten des 9. Infanterieregiments, voraus ein junger Offizier, empor, ihnen entgegen die wackeren Eisacktaler unter dem kampfesmutigen Kapuziner Haspinger. Dort, wo heute das Bergiselmuseum steht, dringt ebenfalls ein Bataillon der Bayern vor, einzelne Bauern haben sich zu weit vorgewagt, eine feindliche Granate schlägt mit verheerender Wirkung ein. Der Sarner Fähnrich ruft den Wirt von der Mahr zur Hilfe, der mit seinen Eisacktalern im rechten Augenblick erscheint, ebenso die Eggentaler mit ihren schwefelgelben Röcken. In malerischer Hinsicht dürften hier die schönsten Gruppen des Panoramas sein. An der Sillbrücke unten kämpfen die Landstürmer unter dem kühnen Speckbacher. An der südlichen Höhe ist Hofers Generalstab. Im Mittelpunkt steht der Oberkommandant selbst, Andreas Hofer, in ruhiger, selbstbewußter Haltung. Ein Teil der Bauern stürmt über den querlaufenden Zaun vor, hinter dessen Deckung die Passeirer Schützen Stellung beziehen. Eine Granate schlägt ein, zu Tode getroffen stürzen einige kräftige Tiroler nieder, eine mutige Marketenderin bringt den Verwundeten im dichten Kugelregen Labung, ein anderes Mädchen kniet bei einem sterbenden Burschen und weint bitterlich. Da steht ein Häuflein gefangener Sachsen, in der Nähe spendet ein Priester einem Sterbenden die Letzte Ölung, neben der Hütte stürmen die Algunder hervor, um ihre in Bedrängnis geratenen Kampfgenossen zu unterstützen. Die Illusion, in das Jahr 1809 zurückversetzt zu sein, ja unmittelbar am Kampf teilzunehmen, ist für den heutigen Besucher ebenso stark wie bei der Eröffnung des Panoramas, als es in den Innsbrucker Nachrichten hieß: ". . . Mir ist's, als sei ich in tiefen Schlaf versenkt und träume. Plötzlich ist's Abend geworden, ich stehe am Berg Isel in der Nähe des Bahnhofes an einem jener schwülen, heißen Sommertage, an denen abends die Luft noch sehnsüchtig zittert und bebt unter den letzten heißen Sommerküssen. Da und dort hängen noch Glutfunken am Geschröf, während an anderen Stellen das Felsgezack geisterbleich emporstarrt in den Abendhimmel oder die bläulichen, wallenden Dämmerungsschleier herniedersinken. - Ich habe jenes Doppelgefühl, wobei die Empfindung der bewußten Traumillusion und Wirklichkeit sich mischen. Die Wiltener Felder sind mit Truppen bedeckt, geschichtliche Erinnerungen erwachen, das Zeitrad dreht sich um einige Speichen rückwärts, ich fühle, was vorgeht, rings wütet ein Kampf um Vaterland und Leben; blutrot, lorbeerumkränzt taucht es empor: 1809!"

Zusammenfassung
"Panorama ist eine Kunst, mit der ein Bedürfnis der Menschen zur Realität und zum unmittelbaren Miterleben gestillt wurde, mit der das Volk erstmals die Möglichkeit bekam, sich in Masse an Bildern zu ergötzen." Mit diesen Worten hat Paul Werner die Rundgemälde charakterisiert, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Europa und in Amerika in großer Zahl entstanden sind. Die meisten dieser Panoramen sind allerdings mit dem Aufkommen des Films und in den Wirren der Weltkriege verschwunden. So ist das Innsbrucker Rundpanoramenbild das einzige in seiner ursprünglichen Form in Österreich erhaltene Dokument einer besonders im 19. Jahrhundert weltweit verbreiteten Kunstform der Historienmalerei. Obwohl die über 1000 m2 große Leinwand im Laufe der Zeit mehrmals abgenommen und zusammengerollt, dabei natürlich beschädigt und 1921 vom Kunstmaler Ludwig Sturm vollständig restauriert wurde, ist die originale Malerei von Zeno Diemer und seinen Mitarbeitern nahezu unversehrt vorhanden. Zum großen künstlerischen Wert kommt noch der geschichtliche, wenngleich Diemer die Bergiselschlacht historisch nicht exakt wiedergeben konnte - so ist der Feldherrenhügel mit Andreas Hofer und den beiden Wiltener Chorherren etwas zu theatralisch geraten - und sich bei der Wahl der Trachten, die in diesen Formen erst im 19. Jahrhundert aufkamen, geirrt hat. Nichtsdestoweniger gehört das Innsbrucker Riesenrundgemälde zu den bedeutendsten Kulturdenkmälern Tirols, dem schon Peter Rosegger in seinem "Alpensommer" ein großartiges literarisches Denkmal gesetzt hat: "Vom Bergisel stieg ich herab in das Panorama, welches in der zur Zeit tagenden Sportausstellung stand, um die Aussicht vom Bergisel zu schauen. Es ist die größte Kühnheit der Kunst, an Ort und Stelle mit der Natur konkurrieren zu wollen. Dem Manne, der das Panorama der Schlacht am Bergisel gemalt hat, ist es gelungen. Unübertrefflich ist in diesem Panorama von Innsbruck das Landschaftsbild - das unvergleichliche Landschaftsbild, wie es so großartig malerisch und freundlich zugleich kaum eine andere Stadt aufzuweisen hat: Als ob mir jemand das Herz kitzelte, so mußte ich immer wieder auflachen vor Entzücken, als ich den Rundblick auf Innsbruck tat, sein Tal und seine Bergriesen. Nach Westen gegen Landeck Gewitterschwüle, weit unten das Kaisergebirge im Alpenblühen. Von einem Punkt zum anderen 20 Meilen ! Als ich ins Freie trat, stand dasselbe Landschaftsbild in Natur um mich da - und die Natur hat den Eindruck der Kunst nicht erreicht. Ein ungeheurer Erfolg."
Bis 1979 befand sich das Panorama in Privatbesitz; heute ist es im Eigentum der Raiffeisen-Zentralkasse für Tirol, die durch aufwendige Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten an Gebäude und Gemälde den Fortbestand dieses einzigartigen Denkmals zu sichern bestrebt ist.